L2 Pressedarstellung
Wie das Unglück entstand:
Vermutlich infolge Vergaserbrandes in der vorderen Maschinengondel explodierten die Benzintanks, eine Riesenflamme setzte die Gaszellen in Brand, und im nächsten Augenblick stürzte der Luftkreuzer zu Boden.
Über den furchtbaren Vorfall, der sich in allen seinen Einzelheiten unmöglich schildern läßt, erfahren wir folgendes:
Am heutigen Vormittag um 10 Uhr wollte Kapitän Freyer, der Führer des Luftschiffes, eine Probefahrt mit dem Schiff machen. Der Ballon, der nur schwach gefüllt war, da man sich in geringer Höhe halten wollte, wurde auf das Feld hinausgebracht. Ordnungsgemäß erhob sich “L 2” bis auf etwa 150 Meter Höhe, machte eine Schleife über dem Felde und wandte sich dann in westlicher Richtung nach Britz, um von dort aus über Berlin nach Döberitz zu fliegen.
Die Piloten, die vor den Schuppen standen, sahen dem Manöver des “L 2” zu und bemerkten fast alle, daß die hinteren Motoren viel Rauch entwickelten. Da in diesem Umstande jedoch durchaus keine Gefahr vorhanden ist, so schenkte man dem Qualmen der Maschinen weiter keine Beachtung. Das Luftschiff überflog die Albatros-Schuppen und die dort hinter gelegenen Häuser von Johannisthal. Dann kam es auf das freie Feld, das zwischen Johannisthal und Britz liegt. Die Bürger von Johannisthal schauten, wie üblich, dem Luftschiff interessiert nach. In sausender Fahrt rauschte es in 150 Meter Höhe über ihren Häuptern dahin. Man hörte das Schnurren der Propeller und den Lärm der 700 Pferdestärken entwickelnden Maschinenanlagen. Niemand konnte ahnen, daß im nächsten Augenblick eine furchtbare, alles bisher Dagewesene übertreffende Katastrophe eintreten werde:
In dem Augenblick, als “L 2” die nach Rudow führende Chaussee passierte, schlug plötzlich in der vorderen Maschinengondel eine helle Flamme empor. Wie eine Rakete schoß ein feiner Flammenstreifen bis zur Mitte des Schiffes. Dann folgte eine furchtbare Detonation. Ein Krach, mit dem sich nichts vergleichen läßt, und der so stark war, daß in allen Straßen Johannisthals und sogar in den benachbarten Orten, wie in Rudow und Treptow, alle nach dem Felde zu gelegenen Fensterscheiben auf Entfernungen bis zu zwei Kilometern zertrümmert wurden, dann barst das Luftschiff.
Eine ungeheure Flamme schoß 20 bis 30 Mtr. hoch zum Himmel empor. Im nächsten Augenblick sah man unförmige Klumpen Eisenstücke, Leinwand und Gummizeug und menschliche Körper durch die Luft fliegen. Das nackte Aluminiumgerippe flog noch etwas 30-40 Mtr. weiter durch die Luft, da die Motore noch immer arbeiteten und die Propeller sich drehten. Dann schoß das Wrack senkrecht zu Boden, was noch atmete, vernichtend.
Die Johannisthaler standen im ersten Augenblick wie gelähmt. Dann aber flog der Schreckensschrei durch das Dorf: “Helft, der Zeppelin ist abgestürzt!” Schneller als es sich beschreiben läßt, eilten hunderte von Personen auf Wagen und Fahrrädern mit Beilen, Äxten und Spaten bewaffnet auf das Feld, um zu helfen, um zu retten, was noch zu retten war. Vom Flugplatz her schossen die Autos in schnellster Fahrt heran, jedes trug 10, 12 Mann des Marinedetachements, die bereits mit allen Rettungsmitteln versehen waren.
Die Trümmerstätte bot einen furchtbaren, jedem, der es gesehen hat, unauslöschlichen Eindruck. Auf den ersten Blick erkannte man nichts als einen wirren, gen Himmel ragenden Berg von Aluminiumröhren und Spanten, zwischen denen sich unentwirrbar Tausende und aber Tausende von Drähten hinzogen. Der ganze Platz war von vielen Tausenden von Neugierigen umsäumt, die dicht gedrängt, in atemlosem Schweigen, das Bild des Grauens und der Verwüstung umstanden. Alle nur verfügbaren Gendarmen waren herangezogen worden, um in Gemeinschaft mit den Matrosen das Trümmerfeld durch dicke Stricke abzusperren. Das Publikum folgte den Anordnungen ohne Murren. Scheu wichen die Menschen zurück, die in den formlosen Leichnamen, die man an ihnen vorübertrug, Freunde und Bekannte, ja sogar Verwandte vermuteten und vielfach zu erkennen glaubten.