L2 Pressebericht Die Ursache
Pressebericht über die Ursache des Absturz des Marine-Luftschiff L2 (Zeppelin LZ 18)
Beim Untergang des “L 2” handelt es sich um die Wirkung des Vakuums, des luftverdünnten Raumes, und seiner starken Saugkraft. Wenn der Blitz daherzuckt, so reißt er ein Loch in die Luft, dann aber krachen die verdrängten Luftmassen sofort wieder mit Donnergetöse in dem Loch zusammen. Beim Einschießen auf neuen Kriegsschiffen ist es schon vorgekommen, daß das durch den Schutz entstehende Vakuum in der Luft vor dem Panzerturm – das Deck aufgerissen hat. In einem schnellfahrenden Automobil können wir selber ähnliches beobachten:
wir spüren nicht, wie man doch glauben sollte, den Luftzug vorn im Gesicht, sondern auf dem Hinterkopf. Der Wagen schafft im Fahren einen verdünnten Raum, und von allen Seiten stürzt die angesaugte Luft darauf los. Auf der Landstraße sehen wir hinter einem fahrenden Auto die Wirbel von
zopfartig geflochtenen Staubwolken, die uns diesen Vorgang ganz deutlich machen. Auf dem “L 2” nun ist ein Gemisch von Wasserstoffgas mit Luftsauerstoff, das hochexplosive “Knallgas”, das schon bei Berührung mit einem kleinen Funken oder auch nur glühendem Platinschwamm auffliegt und dazu eines Brandes gar nicht bedarf, in die vordere Maschinengondel gesaugt worden.
Das Luftschiff wird durch eine Reihe gasgefüllter Ballonets, die innerhalb des Gerüstes angeordnet sind, getragen. Wie ein in der Faust zusammengedrückter Schwamm, wenn ich den Druck allmählich löse, wieder aufschwillt, so dehnt das Gas sich aus, wenn der Luftdruck in der Umgebung geringer wird, also beim Steigen des Luftschiffes. Die Luft lastet mit einem Gewicht von 1293 Gramm pro Kubikmeter auf der Erdoberfläche und wird mit zunehmender Höhe immer leichter.
Um ein Bild zu wählen: ein Dutzend Federbetten drückt schwer auf den Schläfer, legt er sich dann aber auf eines, sodaß nur noch elf oben sind, so wird es schon leichter, und je mehr er unter sich bringt, desto weniger Druck ist zu spüren. In geschlossenen
Ballonets würde nun das sich ausdehnende Gas die Hülle sprengen; deshalb haben sie alle – wie auch der Freiballon – unten eine Oeffnung als Sicherheitsventil, durch die der Ueberschuß entweicht. Bei je 80 Meter Höhersteigen 1 v. H. des Rauminhalts. In der Höhe, in der die Katastrophe erfolgte, mußte der “L 2” also bereits über 800 Raummeter Gas abgeblasen haben. Es tritt in den Laufgang ein und wird, mit Luft vermischt, zum Heck hin gespült, wo es eine Oeffnung findet und sich in die freie Atmospähre verflüchtigt. Ein Teil des nunmehrigen Knallgases ist aber, wie in der letzten meiner schematischen Zeichnungen angedeutet, in die Maschinengondel abgesaugt worden.
Der Bug der Gondel ist noch durch einen Windschutz – Scheiben aus Marienglas – erhöht und reißt Luft mit sich. Dahinter entsteht ein Vakuum, und beim “L 2” ist es dem Luftschiffkörper selbst so nahe, daß der starke Sog Gas aus dem Laufgang herunterzieht. Da bedarf es keines Vergaserbrandes, sondern nur eines winzigen Fünkchens Elektrizität, und das Knallgas flammt auf. Da das Luftschiff mit der Spitze aufwärts emporfliegt, läuft die Flamme nach vorn, die vorderen Ballonets explodieren, das nunmehr gaslose, also schwere Vorderteil schnappt
vornüber, und das Heck des “L 2” ragt steil empor. In der nächsten Sekunde läuft die Flamme hier herauf und läßt alle übrigen Ballonets explodieren: nun stürzt ein blut- und fleischloses Riesengerippe zu Boden. Nachdem das Unglück geschehen ist, klingt es natürlich ungeheuer einfach, wenn man sagt: Die Gondeln müssen tiefer hängen und dürfen keinen Windschutz haben, damit zwischen ihnen und dem Luftschiff ein freier breiter Luftstrom hindurchgehen und die Saugwirkung von der Hülle fernhalten kann. Solche Gefahrgrenzen bestimmt aber bloß die Praxis; vorher haben die besten Fachleute eine Explosionsmöglichkeit nicht angenommen. Jeder Bau ist ein Kompromiß.
“Wirkung geht vor Deckung!” sagt unser Reglement für alle Waffen, und das Näherrücken der Gondeln an das Luftschiff ist erfolgt, um den Querschnitt und damit den Luftwiderstand zu verkleinern, also die Schnelligkeit des Schiffes zu erhöhen. Selbstverständlich nur bis zur zulässigen Grenze, also innerhalb der notwendigen Sicherheit, – aber über diese Grenze hat man sich eben getäuscht.